Ich glaub es geht schon wieder los…

Wir probieren mal wieder etwas Neues. Anstatt zu Fuß oder mit dem Bulli, reisen wir diesmal mit dem Fahrrad. Und auch nicht mit vorheriger Anreise in weite Ferne, sondern direkt von der Haustür aus. Die Tour soll uns zunächst größtenteils auf dem Europaradweg R1 ins Ruhrgebiet bringen, von wo aus wir am Rhein entlang bis in die Schweiz weiter fahren wollen. Insgesamt warten ca. 1450 Kilometer Radweg auf uns, die mit den ersten bekannten Metern in Berlin beginnen werden.

Die Etappen werden wir hier zusammenfassen. Wie regelmäßig das klappt, werden wir sehen 🙂 Außerdem tracken wir die Abschnitte mit Strava – wer da einen Account hat, kann sich den Fortschritt also wahrscheinlich auch dort anschauen.

Außerdem wollen wir den Instagram-Account reanimieren und vermutlich spielen wir auch ein wenig mit den WhatsApp-Stories – für alle die unsere Telefonnummer haben 🙂 Aber das bekommt ihr dann sicher von ganz alleine mit. Jetzt freuen wir uns erstmal wie Bolle, dass es morgen losgeht und hoffen, dass die Regenphase so langsam mal durch ist für diesen Sommer.

Heute enden wir mit den Worten von Miguel Indurain: „Das Beste daran, mit der Spitzengruppe ins Ziel zu kommen, ist die Tatsache, dass das Leiden früher ein Ende hat.“

Etappe 1 / Berlin – Bad Belzig / 84km

Laut Plan wollten wir um neun Uhr das erste Mal frisch in die Pedale treten. Allerdings stimmte das nicht ganz mit den Öffnungszeiten der Post überein, so dass wir die Abfahrt von der Haustür um eine Stunde nach hinten schieben mussten. Kein Problem, wir sind ja flexibel!

Leider reichte die Zeit vor der Reise nicht aus, um für Anni einen neuen Sattel auszusuchen und einzufahren. Daher entschlossen wir uns, dem kurzfristig kurz vorm Ruhestand stehenden Exemplar ein letztes Abenteuer zu gönnen. Allerdings mit dem leicht mulmigen Gefühl, dass das auch für Annis Hintern ein (ungeplantes) Abenteuer werden könnte. Wäre es mit neuem unbekannten Sattel aber auch gewesen, von daher…

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Etappe 2 / Bad Belzig – Straßfurt / 95km

Guten Morgen aus Bad Belzig! Nach einer angenehmen Nachtruhe haben wir entspannt die Taschen befüllt, sind in unsere frisch gewaschenen Radhosen gestiegen und haben uns auf den Weg zum Bahnhof gemacht, um ein kleines Frühstück zu ergattern. Außerdem wollten wir herausfinden, wie es sich anfühlt, auf den Regionalexpress zu warten, um die heutige Etappe zu halbieren. Bei Kaffee und Croissant entschieden wir aber recht schnell, dass wir früh genug dran und motiviert genug sind, um uns bereits an Tag Zwei auf die mit 90 geplanten Kilometern längste Etappe der Tour zu begeben.

Die ersten 6 km ging es bei moderater Steigung kontinuierlich bergauf. So fuhren wir uns recht schnell warm un dfreuten uns de ganze Zeit, dass es danach mehr oder weniger ebenso kontinuierlich für 50 Kilometer leicht bergab über Brandenburger Landstraßen gehen würde. Wettertechnisch hatten wir in der Vorbereitung an alles gedacht: von Sonnencreme, luftigen über warme Longseeves und Beinlinge bis hin zum wasserdichten Outfit. Woran wir allerdings keinen Gedanken verschwendet hatten, war ein anderes Wetterphänomen: Gegenwind! Heute schien die Sonne zwischen malerischen Wölkchen auf uns hinab und dazu wehte uns eine steife Brise ins Gesicht, die unseren Schnitt, der in der Ebene sonst so bei 16-17 kmh liegt, in richtung 12 kmh drückte und uns das Gefühl bescherte, dennoch permanent bergauf zu fahren.

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Etappe 3 / Straßfurt – Thale / 57km

Um etwas mehr Zeit im Schloss verbringen und das Frühstück in Ruhe genießen zu können, haben wir uns noch am Vorabend dazu entschieden, die heutige Etappe nicht vollständig auf dem R1 zu absolvieren und so etwa 25 Kilometer zu sparen. Nach den gestrigen Strapazen mit dem Gegenwind wollten wir so außerdem die Beine etwas schonen. Eine Weise Entscheidung wie sich herausstellen sollte.

Nach dem ausgiebigen Frühstück haben wir als erstes mit den beiden 9 Wochen alten Bulldoggen Charlie und Billy gespielt, die von einem Paar aus Kanada in der Umgebung vom Züchter abgeholt wurden. Very international und very cute 🙂

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Etappe 4 / Thale – Langelsheim / 69km

Da die Dichte an Bäckern in Reichweite des Gasthaus Königsruhe eher dürftig ist, freuten wir uns über das angebotene Frühstück vor Ort. Die anschließende Prozedur aus Tasche packen, Sonnencreme und Poposchutz auftragen, anziehen und Räder beladen ist in der kurzen Zeit schon zu einer gut funktionierenden Routine geworden, so dass wir zeitig abfahrbereit waren. Wir versprachen der herzlichen Gastgeberin, einmal mit mehr Zeit im Gepäck wieder zu kommen und Wanderwege sowie Therme zu erkunden, und radelten los.

Auf den ersten Kilometern fühlten wir uns immer wieder wie in den Voralpen: viel Fachwerk, Hügel bewachsen mit Wiesen und Wäldern, ein ständiges auf und ab. Die Anstiege kamen uns weniger anstrengend vor (ist das etwa schon ein Trainingseffekt?) und die anschließenden Abfahrten zauberten uns jedes Mal ein breites Grinsen ins Gesicht.

Den ersten Zwischenhalt hatten wir für Wernigerode geplant. Bei der Anfahrt durch eine offenbar sozial schwächere Vorstadt fiel uns ein offen zur Schau gestellter Rechtsradikalismus auf, den wir so schon lange nicht mehr sehen mussten. Deutschlandfahnen an den Fahrrädern, Nazimucke aus den mobilen Lautsprechern, Tattoos und Kleidung mit entsprechender Symbolik, aber Montagmittags nichts besseres zu tun haben als auf einer Parkbank Dosenbier zu trinken. Einfach dumm und traurig.

Wir entschieden uns jedenfalls noch etwas weiter zu fahren und erst in einem kleineren Ort nach einem Eiscafé Ausschau zu halten. Der erste Versuch beim idyllischen Klosterzentrum Drübeck schlug fehl, da hier montags Ruhetag ist. Ein paar Kilometer weiter kommt aber das ebenfalls sehr idyllische Ilsenburg. Hier kauften wir als erstes einen neuen Ersatzschlauch beim lokalen Mountainbikehändler und ließen auch schnell die Sicherung der Bremsscheibe mit dem richtigen Werkzeug fest ziehen (die erforderlichen 40 Newtonmeter schafft man mit den Fingerkuppen dann doch nicht). Danach gab es einen Joghurtbecher spezial und einen Krokantbecher zu Mittag.

Der R1 hätte uns offiziell noch mindestens zwei steile An- und Abstiege auf Schotterpisten beschert und die anschließenden Passagen im Wald waren in keinem guten Zustand, wie uns zwei Holländer bestätigten, die uns entgegen kamen, da sie die Lektion mit dem Gegenwind aus westlicher Richtung im Sommer bereits gelernt hatten. Wir wichen also erneut von der offiziellen Route ab und kraxelten stattdessen auf asphaltierten Radwegen und Abschnitten der „Straße der Romantik“ in Richtung Niedersachsen.

Kurz nach der Grenzüberqzerung ins vierte Bundesland und somit kurz vor Goslar wunderten wir uns, warum die Anwohner so unheimlich viel Sperrmüll auf den Gehwegen plaziert hatten, bis uns klar wurde, dass diese Gegend vor wenigen Tagen noch überschwemmt gewesen war, als eine Talsperre wegen der starken Regenfälle übergelaufen war. Diese Erkenntnis war irgendwie sehr surreal, denn heute schien die Sonne, die Bäche plätscherten dahin und der Marktplatz in der Goslaer Altstadt sah aus wie geleckt. Beinahe unvorstellbar, dass hier knietief schlammiges Wasser stand.

Von Goslar aus rollten wir entlang einer weniger malerischen Landstraße hinab bis nach Langelsheim, wo wir wieder auf den R1 trafen, auf dem es auch morgen wieder weiter in Richtung Nordrhein-Westfalen geht. Für heute war aber erst einmal Schluss. Der einzige geöffnete Italiener „Da Nico“ war zum Glück ein echter Volltreffer und so besiegelten wir den vierten Tag mit grandioser Pasta.

Morgen steht wieder eine längere Tour im Routenplaner, da wir die schönen Harzer Berge größtenteils bereits bewältigt haben und wir ja jetzt trainiert sind. Also geht es jetzt besser mal ab ins Bett.