Voller Tatendrang hieß es nach dem Frühstück rein in die Wanderbotten und auf zur ersten Inselerkundung!
Da wir unser Zentrum auf der Insel sehr spontan nach Sao Roque verlegt hatten, mussten wir uns erst einmal neu orientieren, denn die Gegend kam in unseren ursprünglichen Ideen für die Tage auf Pico nicht wirklich vor. Ein Blick auf die Karte verriet, dass man in Richtung Westen eigentlich zu Fuß die pitoresken picoreanischen Weinanbaugebiete um Santa Luzia erreichen könnte – diese Zona das Adegas hat die UNESCO mit dem Prädikat Weltkulturerbe versehen und sie erschien uns daher als lohnendes Ziel für den ersten Ausflug.
Damit ihr uns besser folgen könnt hier vorab die bewältigte Strecke:
Vom Naturschwimmbecken vor unserer Haustür aus folgten wir also der Küstenstraße immer bergauf und staunten über Flora, Fauna und die anscheinend ausschließlich aus Lavagestein bestehende Architektur. Nach drei Kilometern erreichten wir eine Häuseransammlung, die über ein eigenes Ortsschild verfügt: Sant‘ Ana. Hier steht eine Tafel mit der Beschreibung einer Wanderroute – da wir im GPS-Gerät eh mehr oder weniger den selben Weg vorgeplant hatten, folgten wir einfach den rot-gelben Markierungen und fanden so ausgesprochen schöne, urige und leicht verwunschene Fußwege, an denen wir sonst eventuell vorbeimarschiert wären.
Den Aufstieg zu einem Steinbruch zu Beginn der Strecke kann man sich eigentlich sparen, wenn man wie wir den Wal-Such-Aussichtspunkt mit Blick auf den Kanal zwischen Pico und der Nachbarinsel Sao Jorge verpasst. Der Rest des Weges entschädigt aber für die Strapaze: Entlang der Steilküste schlängelt sich der Weg durch die hüfthohen schwarzen Mauern aus Lavabrocken, die die Weinreben vor Wind und Wetter schützen. Der Wein wird in reiner Handarbeit angebaut, da Maschinen in diesem Gelände zu unhandlich sind. Ursprünglich wurden Risse in der Lavadecke mit Sand aufgefüllt und darin der Wein angepflanzt. Mit der Zeit hat sich der Wein dann seinen Weg gesucht und gedeiht nun prächtig, da der Stein den Tag über die Hitze speichert und sie in den ohnehin nicht sehr kalten Nächten wieder abgibt.
Die ansässigen Portugiesen sind von ihrer Natur offensichtlich genauso begeistert wie wir Touris, denn es gibt viele Naturbecken an der Küste, die mit großer Sorgfalt und Pflege zu öffentlichen Badeplätzen gestaltet wurden, alle mit sanitären Anlagen, Grillplätzen, Sitzmöglichkeiten, teilweise Parkplätzen und das Ganze selbstverständlich umsonst und sehr sehr sauber – in Deutschland in der Kombination nahezu undenkbar.
Besonders beeindruckend ist dabei der erste Ort nach dem Abstieg: Ponta Negra. Hier hätten wir stundenlang an dem schwarzen Abgrund sitzen und in die tosende Brandung blicken können. Allerdings wussten wir noch nicht so genau, wie wir den Rückweg zum Campingplatz bewältigen wollten – wenn ich mich richtig erinnerte, sollte ein Bus in einem günstigen Zeitfenster in die richtige Richtung unterwegs sein. Also wanderten wir weiter entspannt an der Küste entlang und dachten uns immer mal wieder wie schön es wäre, wenn der Pico sich nicht weiterhin unter einem Wolkenhut vor uns verstecken würde. Bisher hatten wir den Namensgeber der Insel nämlich noch immer nicht wirklich erblickt. Übersetzt bedeutet Pico übrigens passenderweise Gipfel und dieser hier ist immerhin der höchste Berg Portugals.
Nach elf gelaufenen Kilometern erreichten wir Lajido, den letzten Ort vorm Flughafen und wurden mit der Beobachtung eines landenden Flugzeugs belohnt, von denen es jedoch glücklicherweise nur wenige am Tag auf der Insel gibt. Bis zur Bushaltestelle an der Hauptstraße waren nun drei weitere Kilometer Strecke und 100 Höhenmeter zu bewältigen und wir waren noch immer nicht sicher, wann und ob der Bus überhaupt fahren würde. Nach ersten Zweifeln, die sich beim Blick die leere Straße entlang breit machten, hielt wie bestellt ein komfortabler Reisebus neben uns und öffnete einladend seine Türen – Jackpot. Ich bezahlte den Wahnsinnspreis von 2,14 Euro für zwei Personen (im Vergleich zu 15 Euro die uns ein Taxi gekostet hätte) und dankte mit einem souverän-freundlichen „Gracias!“.
Wir stiegen angenehm erschöpft am Supermarkt aus, um fürs Abendbrot einzukaufen. In einem Anflug von Erleuchtung hatten wir am Abend vor unserem Abflug in Berlin noch einen Adapter für unseren Camping-Kocher besorgt. Der funktioniert ansonsten nur mit Schraubkartuschen und die haben wir im Gegensatz zu den handelsüblichen Stechkartuschen für 1,20 € nirgends gefunden.
Zurück am Zeltplatz entschlossen wir uns, die Küche am nahe gelegenen Picknickplatz mit feinstem Meerblick einzurichten und belohnten uns mit Couscous, Gemüsebolognese und Rucola. Die herzensgute Bedienung aus dem Restaurant vom Vorabend gab uns bereitwillig den ausschließlich in Karaffen servierten Hauswein mit zu unserem Dinner und legte noch zwei Gläser oben drauf, damit das auch Stil hat – ein Paradebeispiel für die Herzlichkeit und Unbefangenheit der Menschen hier.
Bon Appetit.
Tonka
Ein sehr schönes Nest habt Ihr Euch da aufgebaut. Hoffentlich habt Ihr schönes Wetter, hier sind es gerad mal (wieder) 11 Grad…Wunderschöne Natur! Viel Spaß wünscht Euch und freut sich auf Eure baldige Rückkehr (p.s. fliegt Ihr auch nach London?)
Tonka