Da die Dichte an Bäckern in Reichweite des Gasthaus Königsruhe eher dürftig ist, freuten wir uns über das angebotene Frühstück vor Ort. Die anschließende Prozedur aus Tasche packen, Sonnencreme und Poposchutz auftragen, anziehen und Räder beladen ist in der kurzen Zeit schon zu einer gut funktionierenden Routine geworden, so dass wir zeitig abfahrbereit waren. Wir versprachen der herzlichen Gastgeberin, einmal mit mehr Zeit im Gepäck wieder zu kommen und Wanderwege sowie Therme zu erkunden, und radelten los.
Auf den ersten Kilometern fühlten wir uns immer wieder wie in den Voralpen: viel Fachwerk, Hügel bewachsen mit Wiesen und Wäldern, ein ständiges auf und ab. Die Anstiege kamen uns weniger anstrengend vor (ist das etwa schon ein Trainingseffekt?) und die anschließenden Abfahrten zauberten uns jedes Mal ein breites Grinsen ins Gesicht.
Den ersten Zwischenhalt hatten wir für Wernigerode geplant. Bei der Anfahrt durch eine offenbar sozial schwächere Vorstadt fiel uns ein offen zur Schau gestellter Rechtsradikalismus auf, den wir so schon lange nicht mehr sehen mussten. Deutschlandfahnen an den Fahrrädern, Nazimucke aus den mobilen Lautsprechern, Tattoos und Kleidung mit entsprechender Symbolik, aber Montagmittags nichts besseres zu tun haben als auf einer Parkbank Dosenbier zu trinken. Einfach dumm und traurig.
Wir entschieden uns jedenfalls noch etwas weiter zu fahren und erst in einem kleineren Ort nach einem Eiscafé Ausschau zu halten. Der erste Versuch beim idyllischen Klosterzentrum Drübeck schlug fehl, da hier montags Ruhetag ist. Ein paar Kilometer weiter kommt aber das ebenfalls sehr idyllische Ilsenburg. Hier kauften wir als erstes einen neuen Ersatzschlauch beim lokalen Mountainbikehändler und ließen auch schnell die Sicherung der Bremsscheibe mit dem richtigen Werkzeug fest ziehen (die erforderlichen 40 Newtonmeter schafft man mit den Fingerkuppen dann doch nicht). Danach gab es einen Joghurtbecher spezial und einen Krokantbecher zu Mittag.
Der R1 hätte uns offiziell noch mindestens zwei steile An- und Abstiege auf Schotterpisten beschert und die anschließenden Passagen im Wald waren in keinem guten Zustand, wie uns zwei Holländer bestätigten, die uns entgegen kamen, da sie die Lektion mit dem Gegenwind aus westlicher Richtung im Sommer bereits gelernt hatten. Wir wichen also erneut von der offiziellen Route ab und kraxelten stattdessen auf asphaltierten Radwegen und Abschnitten der „Straße der Romantik“ in Richtung Niedersachsen.
Kurz nach der Grenzüberqzerung ins vierte Bundesland und somit kurz vor Goslar wunderten wir uns, warum die Anwohner so unheimlich viel Sperrmüll auf den Gehwegen plaziert hatten, bis uns klar wurde, dass diese Gegend vor wenigen Tagen noch überschwemmt gewesen war, als eine Talsperre wegen der starken Regenfälle übergelaufen war. Diese Erkenntnis war irgendwie sehr surreal, denn heute schien die Sonne, die Bäche plätscherten dahin und der Marktplatz in der Goslaer Altstadt sah aus wie geleckt. Beinahe unvorstellbar, dass hier knietief schlammiges Wasser stand.
Von Goslar aus rollten wir entlang einer weniger malerischen Landstraße hinab bis nach Langelsheim, wo wir wieder auf den R1 trafen, auf dem es auch morgen wieder weiter in Richtung Nordrhein-Westfalen geht. Für heute war aber erst einmal Schluss. Der einzige geöffnete Italiener „Da Nico“ war zum Glück ein echter Volltreffer und so besiegelten wir den vierten Tag mit grandioser Pasta.
Morgen steht wieder eine längere Tour im Routenplaner, da wir die schönen Harzer Berge größtenteils bereits bewältigt haben und wir ja jetzt trainiert sind. Also geht es jetzt besser mal ab ins Bett.